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Niemand sagt etwas, aber alle wissen Bescheid – ein Essay über moderne Rufmordstrategien und das Schweigen der UmgebungZoom Button

Autorin und Soziologin Eva Illouz bei der Vorstellung ihres Buches »Explosive Moderne« im Münchner Literaturhaus. Foto: Amrei Marie, Creative Commons BY SA 4.0, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen, für Pressemeldungen ist der Herausgeber verantwortlich, die Quelle ist der Herausgeber

Niemand sagt etwas, aber alle wissen Bescheid – ein Essay über moderne Rufmordstrategien und das Schweigen der Umgebung

Niemand sagt etwas, aber alle wissen Bescheid – ein Essay über moderne Rufmordstrategien und das Schweigen der Umgebung

#Gütersloh, 1. Juli 2025

Es beginnt oft unspektakulär. Eine ausgebliebene Antwort. Ein Kontakt, der sich zurückzieht. Ein Projekt, das im Sande verläuft, obwohl zuvor alles vielversprechend war. Und man fragt sich: Was ist passiert? Hat sich etwas verändert? Wird etwas erzählt?

Man spricht jemanden an. Offen, vorsichtig. »Sag mal, hast du irgendwas gehört? Gibt es Gerede über mich?« Die Antwort ist ausweichend: »Ich höre mich mal um.« Danach bleibt es still. Aber das Verhalten der anderen spricht eine deutliche Sprache. Der Ton ist kühler, der Blick ausweichender. Man wird gemieden, ohne dass jemand sagt, warum.

Was hier geschieht, ist keine offene Auseinandersetzung. Es ist kein Streit, keine Kritik, kein greifbarer Angriff. Es ist subtiler – und genau deshalb so wirksam: eine narrative Kontamination des sozialen Raums.

Jemand – ein Mitbewerber, ein ehemaliger Mitarbeiter, ein gekränkter Kontakt – beginnt, hinter dem Rücken eines Menschen dessen Ruf zu beschädigen. Nicht durch klare Anschuldigungen, sondern durch Andeutungen, Halbsätze, misstrauische Blicke. Der Clou dabei: Der #Verleumder behauptet, das #Opfer würde schlecht über ihn reden.

Der Täter übernimmt also die Rolle des vermeintlichen Opfers – und diffamiert gleichzeitig jenen, den er beschuldigt. Eine perfide Täter Opfer Umkehr, die sozial außerordentlich wirksam ist. Denn wie die Sozialpsychologin Jennifer Freyd schreibt: »Die Person, die auf Missbrauch oder Verrat hinweist, wird häufig selbst zur Zielscheibe – weil sie das soziale System stört« (»Betrayal Trauma Theory«, University of Oregon).

In der Praxis funktioniert das so: Noch bevor die betroffene Person überhaupt weiß, dass über sie gesprochen wird, hat der Verleumder längst ein Bild verbreitet. Die Zuhörer bekommen suggeriert: »Da ist jemand, der hinter dem Rücken redet. Pass auf.« Und weil diese Warnung als erstes kommt, prägt sie den Eindruck.

Der Erste, der spricht, definiert die #Realität

Diese Dynamik nutzt einen tief verwurzelten kognitiven Mechanismus: den Primacy Effekt – also die Tendenz, der ersten Information in einem sozialen Kontext besonders stark zu vertrauen. Sozialpsychologe Daniel Kahneman beschreibt das in seinem Buch »Thinking, Fast and Slow«: »Was zuerst gesagt wird, hat einen überproportionalen Einfluss darauf, wie nachfolgende Informationen interpretiert werden.«

Der tatsächliche Rufmörder tarnt sich also als Opfer – und lenkt den Verdacht auf die eigentliche Zielperson. Deren Verhalten – Rückzug, Unsicherheit, Verwirrung – wird nun als Beleg für die kolportierten Gerüchte gewertet. Wehrt sich das Opfer, wirkt es schnell überempfindlich oder aggressiv. Schweigt es, bestätigt es scheinbar die Anschuldigungen.

Eine klassische Lose lose Situation

Besonders wirkungsvoll wird diese Form des Rufmords, wenn das Umfeld mitspielt – nicht aktiv, sondern durch Schweigen. Niemand sagt, was genau erzählt wurde. Niemand bezieht Stellung. Und doch agieren alle so, als sei da etwas Wahres dran. Die Soziologin Eva Illouz nennt das in einem anderen Kontext »emotionales Outsourcing«: »Man lagert die Verantwortung für Bewertungen an das diffuse #Kollektiv aus. Wer nichts sagt, wirkt objektiv – ist aber Teil der Dynamik« (»Warum Liebe endet«, #Suhrkamp 2021).

Denn: Wer schweigt, während jemand ausgegrenzt wird, ist nicht neutral. Das stille #Mitläufertum ist ein zentraler Bestandteil solcher Strategien. Die Umgebung wird zum #Resonanzraum der #Verleumdung – durch Duldung.

Der betroffenen Person bleibt wenig Handlungsspielraum. Es gibt keine greifbaren Aussagen, keine dokumentierten Vorwürfe, keine Zeugen, die sprechen wollen. Nur ein Gefühl – und ein sozialer Effekt, der kaum zu übersehen ist. Man ist gebrandmarkt, ohne zu wissen, womit.

Was tun? Nicht jeder kann oder will mit juristischen Mitteln gegen das Unsichtbare vorgehen. Aber Sichtbarkeit hilft. Sprechen hilft. Aufschreiben hilft. Und manchmal hilft es auch, das Muster zu benennen – öffentlich, sachlich, analytisch.

Denn #Rufmord ist kein Zufall. Es ist eine Strategie. Und #Schweigen ist keine #Unschuld. Es ist Teil des Spiels.

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